In den letzten Tagen war ich mal wieder auf der Suche. Ich fühlte mich getrieben. Aber ich konnte nicht sagen, warum und wohin.
Heute stöberte ich ziellos und unzufrieden in den Angeboten bei Netflix rum. Bis mir die Doku „Minimalism: A Documentary about the important things“ unter die Augen kam. Die hatte mich sofort!
Jetzt wusste ich, was ich gesucht hatte: Sinn!
Sinnsuche und alte Bekannte
Die Minimalists – Joshua Fields Milburn und Ryan Nicodemus kannte ich schon von ihrer Seite. Auch viele der interviewten Personen sind mir seit Jahren von ihren Blogs bekannt, z. B. Leo Babauta von ZenHabits.
Seit 2008 begeistert mich der Minimalismus.
Jetzt schaue ich mich in meinem Zimmer um und überlege: Was davon besitze ich schon wie lange? Wie viel kaufe ich?
Vor einigen Monaten begann ich, mir einige neue Hippiekleider zu bestellen. Auch Hippie-Wandbehänge. Nach vielen Jahren mit ganz weißen Wänden wünschte ich es mir jetzt doch wieder mal ein bisschen persönlicher. Und ja, höhliger. (In dieses kleinere unserer WG-Zimmer war ich so 2015 umgezogen, und seitdem lebte ich mit den minimalistisch aussehenden weißen Wänden). Also gerade war ich ein bisschen im Kaufrausch. Ich geb’s zu. Aber das war nur eine Phase. Die meisten meiner Dinge sind uuuuuralt.
Genau gesagt:
23 Jahre
1996 bin ich aus meinem Elternhaus in das Studentenwohnheim gezogen. Bei meinem allerersten Ikea-Besuch erstand ich den Wandspiegel, der jetzt hier in unserer WG im Flur hängt. Und das rote Tablett auf meinem „Teetisch“. Auch schon im Wohnheim hatte ich den großen Kerzenleuchter hier. Und den Bettüberwurf, den ich jetzt wieder benutze. Den hab ich auf einem genialen Straßen-Jazzfestival erstanden.
19 Jahre
2000 bin ich in Berlin aus dem Wohnheim aus und in meine erste eigene Wohnung (2 Zimmer) gezogen. (Später habe ich mein Schlafzimmer an eine Freundin und Mitbewohnerin untervermietet.)
Mein Bett besitze ich seit diesem Umzug. Vermutlich ist das also das älteste Teil hier in meinem Zimmer. (Abgesehen von mir selbst, natürlich.)
Die große Palme – Bob – ist damals ebenfalls mit mir eingezogen.
Die Küche, die wir heute noch in unserer WG benutzen, samt dem Vitrinenschrank im Flur, waren damals brandneu. (Den Geschirrspüler haben wir erst letztes Jahr gegen einen größeren ausgetauscht. Per Kleinanzeige verkauft, denn er funktionierte noch!)
In dieser Wohnung legte ich mir den Kaminschrank zu, die Bialitt-Kommode. Die Teekiste und die Wäschetruhe. Und die Couch, die – zugegeben – langsam echt den Geist aufgibt. Aber noch steht sie. Noch ist sie mir zu schade, sie wegzuwerfe. Sie passt so perfekt dort an ihren Platz. (Ehrlich gesagt würde sie freistehend nicht mehr funktionieren: Die Klappe hält nur noch unten, wenn sie so eingeklemmt steht wie jetzt.)
Die meisten meiner Dinge sind also tatsächlich 23 bis 15 Jahre alt! Quasi mein ganzes Erwachsenenleben!
10 Jahre
Ein Ding, das ich seit 2008 nicht mehr habe, ist der Fernseher. Auf diese Weise entgehe ich so viel … Werbung. Und Katastrophennachrichten. Meine Mitbewohnerin erzählt mir immer wieder traurige Geschichten, die sie im Frühstücksfernsehen sieht. Sie beginnt ihren Morgen mit Traurigkeit, Angst. Ich will das nicht.
Vor 10/11 Jahren bin ich von Berlin hierher in die 3er-WG gezogen. Den Sekretär habe ich mir vor einigen Jahren zu Weihnachten gewünscht. Den dazugehörigen Stuhl hatten wir für unser Café, die Xanthippe, angeschafft … Wenn ich mich so umschaue: Ich habe echt nicht viel für dieses Zimmer hier konkret angeschafft.
In neuerer Zeit
Mit meinem Partner bin ich nun im 7. Jahr zusammen.
Ja, ich trage eine Winterjacke von Primark. Die allerdings auch schon den 4. Winter.
Meinen Computer habe ich jetzt ungefähr das 3. Jahr.
Nikita, meine kleine Hündin, lebt nun seit fast 2 Jahren bei mir. Aber so viel Kram habe ich für sie auch nicht angeschafft. Sie schläft bei mir mit im Bett und hat als „Körbchen“ nur ein Kopfkissen, das ich noch übrig hatte.
Letztes & dieses Jahr
Im vergangenen Jahr habe ich meine Zimmerpflanzen gekauft.
Und die Aquarien (mit dem Kallax-Regal, auf dem sie stehen.) Diese Dinge haben sich letztendlich schon geläppert.
Mein Handy ist aus dem letzten Jahr.
Den hellen Läufer in meinem Zimmer habe ich gerade erst letzten Monat bestellt. Damit die Hunde nicht immer so auf dem Laminat herumschlittern. Wenn es nur nach mir gegangen wäre, hätte ich ihn nicht. Ich hasse übermäßige Hausarbeit. Meine Zeit kann ich besser verbringen als mit Staubsaugen auf Teppichen, die Nikitas und meine Haare festhalten. Aber es geschah halt zum Wohle ihrer Gelenke …
Wie es aussieht, benutze ich meine Dinge, bis sie auseinander fallen.
Wenn ich einmal etwas gekauft habe, dann hänge ich sehr daran. Fun fact: Die „neue“ indische Bettwäsche, die ich jetzt gerade benutze, hatte ich schon vor 10 Jahren in Mumbai gekauft. Ich hatte sie nur bisher nie so hergerichtet, dass ich sie wirklich benutzen konnte. (Sie bestand nur aus zwei einzelnen Laken statt zwei Deckenbezügen, also hatte ich immer mal vor, nochmal zwei rosa Bettlaken zu besorgen, die ich auf der Rückseite gegennähen kann, um Bezüge draus zu machen. Vor wenigen Wochen hab ich das nun endlich mal gemacht.)
Ich gebe kein Geld für den Friseur aus, sondern färbe und schneide meine Haare selbst. Ich schere auch meinen Schatz und Nikita – jeden mit der eigenen Schermaschine 🙂
Wofür gebe ich mein Geld denn sonst aus?
Stattdessen habe ich Geld in den letzten Jahren für meinen Lebenstraum vom eigenen Café verwendet (mein ganzes Geld), für meinen anderen Lebenstraum – vom eigenen Hund. Ich investiere in mein Unternehmen. Und meine Fortbildung. Ich habe mir einen Ostseeurlaub gegönnt. Die Renovierung der Wohnung (natürlich gemeinsam mit den Mitbewohnerinnen.) Die ganze Aquariengeschichte. Und ich habe eine große Summe auf ein extra Konto gelegt, um für Nikita immer Tierarztkosten bezahlen zu können.
Entrümpeln
Ich habe 2008, als ich sowieso alles in meinem Leben umgekrempelt habe, eine riesige Menge Besitz entrümpelt. Verschenkt an Selbstabholer, gespendet an die Kirchengemeinde, die die Sachen auf ihrem Flohmarkt für Geld für die Rumänienhilfe verkauft hat (ich war selbst mal dort in Rumänien und hab ihre Arbeit vor Ort gesehen).
Seitdem habe ich immmer und immer wieder kleinere Entrümpelungsaktionen unternommen. Die kommen inzwischen völlig natürlich bei mir.
Ich kaufe auch mal Dinge nach. Aber offenbar sehr wenig. Kleidung beispielsweise habe ich in den letzten Jahren überwiegend gebraucht übernommen – entweder von Bekannten/Verwandten oder auf Kleidertauschaktionen.
Wenn wir unseren ökologischen Fußabdruck berechnen, dann verbraucht jeder von uns ohnehin schon – allein, dass wir in einem westlichen Land leben, in dem auch die vorhandene Infrastruktur und Industrie von uns genutzt und damit teilweise auf jeden von uns umgerechnet wird – mehr als die eine Erde, die wir haben. Ich glaube, bei mir waren es vor 10 Jahren 1,8 Erden. Wir alle leben also auf Pump. Wie lange wird die Welt das noch verkraften?