Ich wohne neben einem Pflegeheim, und da mein Hündchen sich sehr gern streicheln lässt, komme ich dort seit ungefähr 5 Jahren täglich mit einigen der Bewohner ins Gespräch.
Vor Corona saßen wir gern zusammen auf den Sofas im Foyer.
Jetzt treffe ich sie nur vor dem Haus. Manchmal geh ich mit jemandem mit spazieren. Oder wir sitzen auf einer Bank oder auf den Stühlen vor dem Haus und ratschen.
Stell dir vor, du bist über 80 Jahre alt, sitzt im Pflegeheim, kannst nicht mit Internet oder Smart-TV umgehen … Wie möchtest du da deine Zeit verbringen?
Ich treffe ja nur die, die auch noch vor die Tür gehen können, und wie viele von ihnen beklagen sich darüber, nichts zu tun zu haben.
Eine Frau würde gern weiter in ihrem Chor singen, kommt aber nicht mehr zu den Proben hin.
Andere wünschen sich eine regelmäßige Runde zum Kartenspielen.
Sie vermissen ihren Garten.
Oder etwas mehr Abwechslung bei den Mahlzeiten. Also mal andere Lebensmittel, die sie sich früher gern gekauft haben.
Wieder andere sehen zu selten ihre Kinder, Enkel, Urenkel … Oder einfach auch mal Gesellschaft von Jüngeren.
Ich finde ja immer, dass man die Bewohner des Heims nebenan viel mehr in die täglichen Verrichtungen einbeziehen sollte.
Sie Aufgaben verrichten lassen. Im Rahmen ihrer Möglichkeiten und ihres Wollens.
- Das Essen mit zubereiten, denn viele beklagen sich darüber, dass es nicht gewürzt oder lieblos sei …
- Die Gemeinschaftsbereiche mit gestalten: sauber halten, dekorieren.
- Eine Stationskatze oder -vögel oder die Fische mit betreuen …
- Sich um die Topfpflanzen oder die Bepflanzung vor dem Haus kümmern, wenn sie ihren eigenen Garten vermissen.
Nicht, sie bespaßen und „beschäftigen“, mit Bastelaktionen und Singen von Volksliedern … Keine Frage, Sommerfeste, Kegelbahn, Markttage, Ausflüge und Gymnastik finde ich ganz wunderbar.
Aber das sind ja nur gelegentlich stattfindende Highlights.
Manche wünschen sich tägliche Aufgaben, um sich gebraucht zu fühlen und einen Sinn, für den sie aufstehen, zu haben.
Wieso werden die Pflegebedürftigen so „weggesperrt“? Nur die Alten und Kranken unter sich?
Man könnte auch junge Menschen, Alleinerziehende, Studierende … mit in so eine Einrichtung einziehen lassen. Eben ganz normale Appartments neben den Zimmern der Älteren.
Damit sich die Menschen gegenseitig bereichern, anregen und unterstützen können.
Gemischte Studentenwohnheime und Pflegeheime zum Beispiel. Die jungen Menschen könnten sich so durch freiwillige Arbeit – Gesellschaft leisten oder kleine Hausarbeiten oder Reparaturen bei den Älteren – ihre eigene Miete etwas verringern …
Würde das nicht eine Menge unserer gesellschaftlichen Probleme auf einmal lösen?
- Mangel an Pflegekräften – die zu wenig Zeit für Zuwendung außer den nötigsten Pflegemaßnahmen haben
- Langeweile und Sinnlosfühlen der Bewohner
- Mangel an Bezugs- und Hilfspersonen für alleinerziehende, Kinder, junge Menschen
- Erfahrungsaustausch und Belebung der Generationen untereinander
- Berührungsängste der Generationen, bis hin zu Vorurteilen
- Vereinsamung bei Jungen und Alten
- …
Ich frage mich auch schon, wie das Pflegeheim wohl in 40 Jahren aussehen wird, wenn ich in dem Alter bin
Ich kann ja mit dem Internet umgehen und könnte mir
- Filme angucken
- Lebensmittel bestellen, die ich wirklich haben will
- Menüs liefern lassen, auch von Restaurants
- Videotelefonieren mit meinem Verwandten
- Computerspiele, auch Ratespiele oder Tetris oder sowas, spielen
- mich weiterbilden durch Dokumentationen, Fernstudien, Kurse, Seminare …
- mir Yogasendungen anschauen und mitturnen
- …
Ich könnte auch Nachbarn außerhalb des Heims anbieten, ihren Hund zu betreuen, wenn ich keinen eigenen mehr haben kann.
Ich glaube, ich würde mir Mitbewohner suchen für eine regelmäßige Rommérunde oder zum Singen … Oder einen Buchclub gründen, damit wir zum Lesen und Austauschen „gezwungen“ sind.
Wenn ich einen Chor oder eine Sportgruppe außerhalb hätte, würde ich versuchen, eine regelmäßige Mitfahrgelegenheit mit anderen Mitgliedern zu organisieren. Auch gegen ein Entgelt.
Online-Sammelbestellungen organisieren für die benötigten Dinge oder für Lebensmittel oder Restaurantmahlzeiten, die wir mal wieder gern hätten.
Mich über das Internet für Hilfsaktionen engagieren.
Werden wir dann statt „Hoch auf dem gelben Wagen“ Musik aus unserer Jugend singen? Modern Talking??
…